LESERFRAGEN RATGEBERAKTION „Osteoporose\" am 12.03.2014
Wegen einer Totaloperation bin ich schon mit Ende 30 in die Wechseljahre gekommen. Was kann ich tun, um Knochenschwund vorzubeugen?
- Privatdozentin Dr. Vanadin Seifert-Klauss, Fachärztin für Gynäkologie, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Oberärztin der Frauenklinik und Leiterin des Osteoporosezentrums im Klinikum rechts der Isar, Technische Universität, München: Bei Patientinnen unter 50 Jahren wird normalerweise eine Hormontherapie eingeleitet. Die weiblichen Hormone schützen vor verstärktem Knochenabbau und haben auch für das Herz-Kreislauf-System mehr Vorteile als Nachteile, wenn Gegenanzeigen beachtet werden. Bei einem Zusammentreffen von drei starken Risikofaktoren ist eine Knochendichtemessung sinnvoll – etwa wenn zusätzlich zu Ihrer vorzeitigen Menopause Osteoporose bereits bei Ihrer Mutter vorkam und Sie zudem Milchprodukte nicht vertragen. Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung und kalziumreiche Nahrung sind wichtig und können vorbeugen. Auch körperliche Aktivität spielt eine wichtige Rolle.
Seit ein paar Monaten habe ich (57 Jahre alt) extreme Rückenschmerzen. Bisher dachte ich, das kommt davon, dass ich als Verkäuferin so viel stehen muss. Kann auch eine Osteoporose schuld sein?
- Seifert-Klauss: Rückenschmerzen sind häufig, und neben Osteoporose kommen dafür auch zahlreiche andere Ursachen infrage, zum Beispiel ein Bandscheibenvorfall. Wenn Ihre Schmerzen jedoch stark und anhaltend sind, sollte ein Wirbelkörperbruch ausgeschlossen werden und gegebenenfalls eine Knochendichtemessung erfolgen. Sogar bei jungen Frauen kurz nach der Schwangerschaft können osteoporotische Brüche bei minimalen Belastungen auftreten.
Ich nehme seit kurzem Osteoporosemedikamente. Wie lange dauert so eine Therapie?
- Dr. Joachim Cassens, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Osteologe DVO, Marburger Medizinisches Versorgungszentrum: Osteoporose ist eine Erkrankung, die Sie für den Rest Ihres Lebens begleiten wird. Sie müssen daher voraussichtlich ein Leben lang Medikamente einnehmen. Welche das im Einzelnen sind, bespricht Ihr Arzt nach den Untersuchungen mit Ihnen. In der Regel werden in zwei- bis dreijährigen Abständen eine DXA-Messungskontrolle zur Knochendichtemessung und eine Laborkontrolle durchgeführt. Danach wird entschieden, ob die medikamentöse Behandlung so weitergeführt wird oder geändert werden muss. Bei einer schwächeren Form der Osteoporose und gutem Therapieverlauf sollte unter Bisphosphonaten nach drei bis fünf Jahren eine Medikamentenpause eingelegt werden. Sie benötigen dann nur noch die Basismedikation mit Kalzium und Vitamin D. Engmaschige Kontrollen entscheiden im weiteren Verlauf über eine eventuelle neue Medikamentengabe.
Ich vertrage wegen einer Laktoseunverträglichkeit keine Milchprodukte und mag sie auch nicht so gern. Wie bekomme ich trotzdem genügend Kalzium, um Knochenschwund vorzubeugen?
- Cassens: Mit Laktoseintoleranzen kann man heute sehr gut leben. Auch wenn Sie keine Milchprodukte mögen, können Sie Ihre Kalziumversorgung sicherstellen. Als Erstes sollten Sie ein kalziumreiches Mineralwasser wählen und davon etwa zwei Liter am Tag trinken. So können Sie schon einen Großteil Ihres Bedarfs abdecken. Darüber hinaus gibt es Gemüsesorten, die viel Kalzium enthalten wie zum Beispiel Grünkohl, er ist mit circa 420 Milligramm Kalzium pro Portion eine der kalziumreichsten Gemüsesorten. Fenchel, Mangold und Brokkoli enthalten ebenfalls viel davon. Und auch Obstsorten wie beispielsweise Orangen, Himbeeren und Feigen haben einen hohen Gehalt. Reichen die Nahrungsmittel nicht aus, empfehlen wir Osteologen, neben der Vitamin-D-Substitution hinaus auch Kalzium zu substituieren. Hier sollten aber nach den neuesten Empfehlungen Werte von 1.000 bis 1.500 Milligramm pro Tag nicht überschritten werden. Bei kalziumreicher Nahrung reduzieren wir die Zufuhr über Tabletten auf rund 500 Milligramm täglich. Eine Kombination mit Vitamin D ist immer notwendig, damit das Kalzium in die Knochenzelle eingebaut wird.
Muss ich wegen meiner Osteoporose auf ein kleines Gläschen Wein am Abend verzichten? Ich habe gehört, Alkohol ist ein Kalziumräuber.
- Cassens: Alkohol ist ein Kalziumräuber, aber Sie müssen trotzdem nicht auf ein Glas Wein am Abend verzichten. Eine Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Empfehlung „three units per day“ gegeben, das bedeutet nicht mehr als drei Gläser Wein am Tag. Mir erscheint das allerdings schon sehr hochgegriffen. Am besten führen Sie einfach ein bis zwei alkoholfreie Tage in der Woche ein. Bei Bier kann man sagen: Ein bis zwei Gläschen Bier von maximal 0,2 Litern Größe sind sicherlich vertretbar. Hochprozentige Alkoholika sollten Sie meiden.
Ich weiß, dass man sich viel bewegen soll, um die Knochen zu stärken. Aber ich bin seit einem Oberschenkelhalsbruch vor zwei Jahren unsicher geworden. Gibt es Trainingsmöglichkeiten ohne Verletzungsrisiko?
- Heide Ecker-Rosendahl, Diplom-Sportlehrerin und ehemalige deutsche Leichtathletin, Goldmedaillengewinnerin der Olympischen Spiele 1972, Botschafterin der Initiative „Gemeinsam für starke Knochen“, Leverkusen: Natürlich gibt es das. Ich habe selbst ein paar Übungen zusammengestellt, die Sie sich im Internet auf www.osteoporose.de anschauen können. Oder Sie fragen Ihren Arzt, der Ihnen sicher eine passende Sportgruppe empfehlen kann. Wenn Sie allein trainieren möchten und Angst vor einem Sturz haben, stellen Sie sicher, dass in der Nähe eine Haltemöglichkeit ist. Treppengehen mit Festhalten am Geländer ist beispielsweise eine kleine Trainingseinheit, die man täglich einbauen kann.
Ich leide unter fortgeschrittener Osteoporose. Können meine Knochen eine zusätzliche Belastung durch Sport überhaupt noch verkraften?
- Ecker-Rosendahl: Grundsätzlich gilt, dass Knochen nur noch mehr abbauen, wenn man sich nicht bewegt. Natürlich gibt es Sportarten, bei denen es zu ruckartigen Bewegungen oder starken Stauchungen kommt und die bei fortgeschrittener Osteoporose nicht geeignet sind. Andere, wie zum Beispiel Nordic Walking oder bestimmte Gymnastikarten, sind eher unbedenklich. Beginnen Sie mit leichten Übungen im Sitzen. Wenn Sie sicherer werden, können Sie mehr wagen.
Meiner Mutter wird von ihrem Arzt geraten, sich ihren Knochen zuliebe mehr zu bewegen. Sie fühlt sich aber zu alt dafür. Wie kann ich sie motivieren?
- Ecker-Rosendahl: Am besten, indem Sie sie begleiten, denn zu zweit ist es immer leichter. Fangen Sie an mit Spaziergängen und erhöhen Sie langsam den Radius. Wenn Ihre Mutter spürt, dass sie wieder aktiv am Leben teilnehmen kann, kommt bestimmt die Motivation zurück. Vielleicht gibt es auch eine Freundin, die mit ihr trainieren möchte, oder eine Sportgruppe, der sie sich anschließen kann.
Ich bin 51 und mitten in den Wechseljahren. Meine Freundin sagt, dass ich deshalb Osteoporose bekomme. Stimmt das und lässt sich das verhindern?
- Prof. Dr. med. Hilmar Stracke, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechsel, Stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Universitätsklinikum Gießen und Marburg: Zunächst einmal sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt klären, ob bei Ihnen Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen. Des Weiteren sollte neben einer ausführlichen Anamnese und Untersuchung eine Knochendichtemessung durchgeführt werden. Falls diese eine Osteopenie, also eine Vorstufe der Osteoporose, diagnostiziert, ist eine Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D ausreichend. Falls schon eine Osteoporose besteht, muss zusätzlich eine Therapie mit speziellen Medikamenten erfolgen.
Meine Tochter sagt, dass ich im Winter nicht genug Vitamin D durch das Essen aufnehmen kann, um Knochenschwund zu verhindern, und deshalb Tabletten nehmen sollte. Hat sie recht und welche Nebenwirkungen können die haben?
- Stracke: Im Winter sind sehr viele Patienten mit Vitamin D unterversorgt. Aus diesem Grunde ist eine Vitamin-D-Prophylaxe sinnvoll. Als tägliche Dosis sind 1.000 bis 2.000 IE (Internationale Einheiten) anzuraten, so dass der Vitamin-D-Spiegel im Blut zwischen 20 und 70 Nanogramm pro Milliliter liegt. Nur sehr hohe Gaben von Vitamin D können mit Nebenwirkungen verbunden sein. Die genannte Dosis ist jedoch in der Regel nebenwirkungsfrei.
Ich bin 63 und eigentlich fühle ich mich fit. Aber mein Arzt sagt, meine Knochendichte sei zu gering. Muss ich jetzt jeden Tag Tabletten nehmen?
- Stracke: Falls die Knochendichte zu gering ist, muss entschieden werden, ob es sich um eine Osteopenie handelt, dann ist die Basistherapie mit Kalzium und Vitamin D ausreichend. Liegt jedoch eine Osteoporose vor beziehungsweise ist zusätzlich noch ein erhöhtes Knochenbruchrisiko vorhanden, sollte neben der Basistherapie noch ein spezifisches Osteoporosepräparat verabreicht werden. Hier gibt es neben der täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Tabletteneinnahme auch Wirkstoffe, die in größeren Abständen in Form von Spritzen oder Infusionen in die Vene verabreicht oder unter die Haut gespritzt werden.
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